1890 haben zwei amerikanische Juristen einen Fachartikel mit dem Titel „The Right to Privacy“, also das Recht auf Datenschutz, veröffentlicht. Er gilt als eines der ersten großen Plädoyers für den Schutz persönlicher Daten. Seit beinahe 75 Jahren ist dieses Recht auch in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen verankert. Mittlerweile haben sich die technologischen Möglichkeiten massiv verändert und im Zuge der Digitalisierung ist das Thema aktueller denn je. Mit der Datenschutzgrundverordnung wurde ein entsprechender Grundpfeiler in der Europäischen Union weiter ausgebaut. Doch wie viel Privatheit muss man aufgeben, um digitale Dienste oder die unglaublichen Möglichkeiten moderner künstlicher Intelligenz (KI) zu nutzen? Ist es ein Widerspruch, wenn man von Datenschutz und KI spricht? Keineswegs, denn moderne kryptographische Methoden erlauben es, KI-Algorithmen zu nutzen, ohne Daten preiszugeben zu müssen.
Sichere Algorithmen
„Unser Ziel ist es, eine neue Generation von künstlicher Intelligenz zu schaffen, die ethischen und vertrauenswürdigen Grundprinzipien folgt, die Dateninhalte schützt und erklärbare und transparente Ergebnisse liefert. Datenschutz und Vertrauenswürdigkeit werden dabei schon von Grund auf im Design der Algorithmen berücksichtigt und eröffnen somit völlig neue Möglichkeiten im Zeitalter der Digitalisierung“, erklärt der Datenexperte Andreas Trügler vom Know-Center.
Im Rahmen des COMET-Moduls „DDAI – Explainable, Verifiable and Privacy-Preserving Data-Driven Artificial Intelligence“, das von der Forschungsgesellschaft FFG, dem Land Steiermark und dem Bundesministerium gefördert wird, entwickelt Trügler mit seinem Team neue und sichere Algorithmen und Methoden, um vertrauliche und sensible Daten auszuwerten. Oberste Prämisse dabei ist: Privatsphäre und Datenschutz dürfen nicht gefährdet werden. Das Modul deckt alle Teile der Datenverarbeitungspipeline ab: von der Dateninfrastruktur, über kryptographische Algorithmen und maschinelle Lernmethoden für eine sichere Datenverarbeitung bis hin zu erklärbarer KI. Die verwendeten KI-Algorithmen dürfen nämlich keine sogenannten „Blackbox-Modelle“ sein. Das heißt, die Vorgänge innerhalb von komplexen neuronalen Netzwerken müssen transparent und die Ergebnisse der KI erklär- und nachvollziehbar sein. Insgesamt ist das Ziel, eine bessere Entscheidungsgrundlage zu erhalten, die den Weg für sichere und vertrauenswürdige KI-Lösungen ebnet.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts fließen direkt in industrielle Fragestellungen der beteiligten Firmenpartner ein und werden in einem konkreten Anwendungsumfeld getestet. „Wir haben auch damit begonnen, unsere Erkenntnisse auf Quanten-Algorithmen und Quantencomputer auszuweiten“, sagt Trügler.
Tatsächlich können die neuen Technologien sehr vielfältig eingesetzt werden: Unternehmen könnten sich Wettbewerbsvorteile verschaffen, indem sie Daten gemeinsam mit ihren Zulieferern oder auch mit Konkurrenten auswerten, ohne der Gefahr ausgesetzt zu sein, Betriebsgeheimnisse offenzulegen oder der Industriespionage Tür und Tor zu öffnen. Zum Beispiel können Zuliefererketten analysiert und Produktionsdaten über verschlüsseltes maschinelles Lernen ausgewertet werden, ohne deren Inhalte preiszugeben. So erhält man bessere Ergebnisse, die allen beteiligten Parteien zu Gute kommen.
In der medizinischen Forschung könnten die oft spärlichen Datenquellen für seltene Krankheiten über Ländergrenzen hinweg gemeinsam und verschlüsselt ausgewertet werden oder die Ausbreitung infektiöser Krankheiten anhand von simulierten Daten analysiert werden.
Weitere Informationen: https://ddai.know-center.at/